Sind Sie in die Zins-Swap-Falle getreten? Verjährung droht nach BGH Beschluss vom 02.04.2019 erst zehn Jahre nach Abschluss der Zinsswapverträge, für Verträge aus dem Jahr 2009 somit im Jahr 2019

 

Falls ja, ist es Ihnen möglicherweise bis jetzt nicht bewusst. Kann es auch nicht. Denn  viele Banken – unter anderem die Hamburger Sparkasse (Haspa), haben Kunden statt einer Festzinsfinanzierung ein sogenanntes variables Darlehen mit dem 3-Monats-Euribor als Bezugsgröße und zugleich einen Zinsswap als Absicherungsmöglichkeit empfohlen. Dies mündet unmittelbar in mangelnder Transparenz für Sie als Kunde der Sparkasse und verdeckte Zusatzmargen für die Sparkasse (z.B. Haspa) bzw. Bank , welche eine Zinsmarge auf den variablen Kredit und eine Marge durch die Einpreisung eines anfänglich negativen Marktwerts verdient.

 

 

Mit Beschluss vom 02.04.2019, Az. XI ZR 574/17, hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) in einem Klageverfahren wegen fehlerhafter Anlageberatung und unterlassener Offenlegung über den anfänglich negativen Marktwert eines empfohlenen Zinssatz- und Währungs-Swap-Kontrakts (CCS-Kontrakt) einen Zurückweisungsbeschluss des 5. Zivilsenates des Oberlandesgerichts München nach § 522 Abs. 2 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

 

Der BGH stellt in seinem Beschluss vom 02.04.2019 fest, dass die Bank, wenn sie sich auf das Vorliegen eines vorsatzausschließenden vermeidbaren Rechtsirrtums beruft, selbst darlegen und beweisen muss, dass sie die Pflichtverletzung nicht vorsätzlich begangen hat (vgl. auch Senatsbeschluss vom 05.06.2018 – XI ZR 388/16). Der geschädigte Anleger trägt nicht die Darlegungs- und Beweislast für vorsätzliches Handeln der Bank. Bei vorsätzlicher Pflichtverletzung gilt für mögliche Schadensersatzansprüche eines Kunden gegen die Bank somit faktisch eine maximale  Verjährungsfrist von 10 Jahren, da die Bank/Sparkasse das Fehlen des Vorsatzes nicht darlegen und beweisen können wird.

 

 

 

Die Darlehensverträge der Haspa in Hamburg weisen beispielsweise folgende Formulierung auf:

 

 

Referenzzinssatz

 

Der Nominalzinssatz ergibt sich aus dem 3-Monats-Euribor (Referenzzinssatz) vom XXX von zzt 1,xx v.H. als Referenzzinssatz zuzüglich eines Aufschlages von 1,XX %-Punkten. Der Zinsaufschlag wird bis zum 30.XX.20XX [häufig 10 Jahre] nicht verändert.“

 

 

Kritisch für den Verbraucher ist dann die sogenannte Folgeregelung. Diese sieht bei den variablen Darlehensverträgen Haspa / Hamburger Sparkasse z.B. folgendes vor:

 

 

Werden bis zum XXX 20XX keine neuen Vereinbarungen hinsichtlich Zinssatz und Aufschlag getroffen, so läuft das Darlehen zu veränderlichen Konditionen ohne Bindung an den EURIOBOR-Zins weiter. Es gilt dann der von der Haspa für Darlehen dieser Art festgesetzte Zinssatz. Dies Haspa wird dem Darlehensnehmer den Anfangszins und das Verfahren der weiteren Zinsanpassung schriftlich mitteilen.“

 

 

Vielfach wird vom Sparkassen / Bank-Berater zur Absicherungen von variablen Darlehen ein Zins-Swap nahegelegt. Grundsätzlich sollen diese dem Darlehensnehmer helfen, sich gegen ungünstige Zinsschwankungen abzusichern. Das klassische Festzinsdarlehen sei – so behaupten viele Berater – nicht mehr zeitgemäß und so gut wie ausgestorben. So hat die Haspa beispielsweise dem Sparkassenkunden ein Zinsderivat bzw. einen Zinsswap mit Laufzeiten von über 30 Jahren verkauft, obwohl der Zinsaufschlag nur für 10 Jahre unveränderlich war. Dies hat zur Folge, dass nach zehn Jahren der Zinsaufschlag veränderlich wird und der Haspa-Kunde noch an den Zinsswap gebunden ist.

 

 

Das äußerst vielschichtige und komplexe Konstrukt, das hinter dem Zins-Swap Geschäft steckt, können jedoch nur die wenigsten Sparkassenkunden in der Tiefe durchdringen. Häufig, wenn aufwendige Strukturen und komplexe Mechanismen wirken, profitiert derjenige am effizientesten, der sie versteht. Davon macht auch das Zins-Swap-Geschäft keine Ausnahme. In der Regel sind die Profiteure aber nicht Sie, auch wenn die Bank Ihnen diesen Eindruck vermittelt und auch der getauschte Zinssatz zum Abschlusszeitpunkt ein scheinbar Günstiger ist. Denn ganz nach dem Motto „was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß“ verschweigen viele Banken ihren Kunden, dass zu Anfang des Zins-Swap-Vertrages ein negativer Marktwert eingepreist wird. Und das, obwohl der Anleger meist glaubt, großes Vertrauen in seinen persönlichen Bankberater setzen zu können.

 

 

In den Fällen der Einpreisung eines anfänglichen negativen Marktwerts können Banken nicht nur aus den offengelegten Margen sondern auch am negativen anfänglichen Marktwert verdienen.

 

 

Bei Zinsswap-Verträgen bestehen unter Umständen Schadensersatzansprüche. Lassen Sie prüfen, ob ihr Swap-Vertrag betroffen ist!

 

 

Beim Abschluss von Zins-Swap-Verträgen gibt nun der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit seinem Urteil vom 28.04.2015 Az. XI ZR 378/13 eine unmissverständliche Handlungsmaxime zur Transparenz an die Hand. Darin ist unter anderem der konkrete Hinweis enthalten, dass Banken grundsätzlich potentielle Anleger im Rahmen eines Kapitalanlageberatungsvertrags darüber informieren müssen, ob ein negativer Marktwert eingepreist wird. Die Beweislast hinsichtlich der Durchführung einer derartigen Aufklärung trifft in diesem Fall die Bank.

 

Nur ausnahmsweise entfällt eine Pflicht zur Aufklärung. Die Richter aus Karlsruhe bestätigen damit das, was vorinstanzlich bereits das Oberlandesgericht Düsseldorf sowie das Landgericht Düsseldorf überzeugend entschieden hatten. Der Praxis der Banken erteilt die Rechtsprechung damit geschlossen eine klare Absage.

 

 

Ob die Bank in Ihrem Fall eine solche Aufklärungspflicht verletzt hat, hängt maßgeblich von der Konnexität zwischen Darlehens- und Zins-Swap-Vertrag ab. Denn eine Ausnahme von der Aufklärungspflicht kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ausnahmsweise nur dann gemacht werden, wenn Darlehensvertrag und Zins-Swap-Vertrag allein zu dem Zwecke bestehen, dass Parameter eines konkreten Kreditverhältnisses abgeändert werden sollen, also trotz ihrer Selbständigkeit konnex sind. Von Konnexität im Sinne des aktuellen Urteils aus Karlsruhe soll in der Regel dann auszugehen sein, wenn

 

  • beide Verträge bei demselben Kreditinstitut geschlossen worden sind,
  • der Bezugsbetrag des Zins-Swap-Vertrags der zurückzuzahlenden Darlehensvaluta entspricht oder diese zumindest nicht übersteigt,
  • bei variabel verzinsten Darlehen die Laufzeit des Zins-Swap-Vertrages die Laufzeit des Darlehensvertrags nicht überschreitet und
  • die Zahlungspflicht der Bank sich gegenläufig mit dem vom Kunden in dem zugeordneten Darlehensvertrag übernommenen variablen oder festen Zins im Sinne einer partiellen Absicherung gegenläufiger Zinsrisiken deckt.

 

Dies kann im Einzelfall schwer zu beurteilen sein. Eindeutig ist jedoch, dass die Bank bzw. Sparkasse im Fall mangelnder Konnexität auch bei weniger komplexen Swaps („Plain-Vanilla-Swaps“) zur Aufklärung verpflichtet ist.

 

 

Problematisch kann die Handhabung eines Swap-Geschäfts vor allem dann werden, wenn ein dem Zins-Swap-Vertrag zugrundeliegender -aber dennoch selbständiger- Darlehensvertrag abgelöst oder umgeschuldet werden soll. Und auch bei anderen Finanzierungsmodellen kann sich herausstellen, dass die Bank / Sparkasse Sie durch ihre Beratung zum Abschluss eines für Sie letztlich nachteiligen Geschäfts verleitet hat.

 

 

Hinweis von Rechtsanwalt Dr. Claussen, Weiland Rechtsanwälte Hamburg:

 

 

Sollten Sie einen Zins-Swap abgeschlossen haben, ist Ihnen aufgrund der aktuellen Rechtsprechung zu raten, diese Entscheidung kritisch zu hinterfragen. Lassen Sie hierzu von einem spezialisierten Anwalt prüfen ob Ihnen möglicherweise Schadensersatzansprüche wegen einer fehlerhaften oder unzureichenden Aufklärung hinsichtlich des Swap Vertrags zustehen. Hierbei sind jedoch Verjährungsfristen zu beachten. Spätestens am 31.12.2019 werden Schadensersatzansprüche aus Zinsswapverträgen, die im Jahr 2009 abgeschlossen wurden, verjährt sein.