OLG Frankfurt zur Störung der Geschäftsgrundlage bei COVID-19-Pandemie, Urteil vom 19.03.2021, Az. 

 

Das OLG Frankfurt hat in einem Urkundenprozess zwar die Mieterin eines Einzelhandelsgeschäfts zur Zahlung der Miete verurteilt. Das OLG Frankfurt hat jedoch ausdrücklich auf Folgendes hingewiesen:

 

"Im hier vorliegenden Urkundenverfahren könne auch nicht festgestellt werden, dass die Mieterin wegen einer „schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages Herabsetzung des Mietzinses verlangen“ könne. Diese Einwendung sei im Urkundenprozess unstatthaft, da der Beweis nicht mit den dort zulässigen Beweismitteln geführt werden könne. Tatsächlich habe sich allerdings die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages durch die „Folgen der Naturkatastrophe der COVID-19-Pandemie schwerwiegend“ geändert. Die Parteien seien davon ausgegangen, dass während der Vertragslaufzeit Folgen einer solchen Pandemie nicht einträten. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, Regelungen hierfür vereinbart hätten. Im hiesigen Urkundenprozess könne die Beklagte aber nicht eine Anpassung des Vertrages verlangen, da sie den Beweis für die von ihr vorgetragenen Umstände nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln antrete. Die Einwände können im Nachverfahren zu würdigen sein."

 

 

Rechtlicher Hintergrund

 

Der Gesetzgeber hat am 22.12.2020 ein weiteres Gesetz zur Regelung der COVID-19-Pandemie im Miet- und Pachtrecht beschlossen. Durch Art. 10 dieses Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht.

 

Nach Art. 10 zu Art. 240 EGBGB wurde folgende Vorschrift hinzugefügt:

 

§ 7 Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen

 

(1)    Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.“ […]

 

 

In der Gesetzesbegründung wird zudem klargestellt, dass sowohl das mietrechtliche als auch das allgemeine Leistungsstörungsrecht für die Anpassung der Miethöhe, insbesondere die Mietminderung (§ 536 BGB) und das Recht auf Anpassung infolge Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) auf die vorliegende COVID-19-Pandemie anwendbar sind. Denn das bisherige Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie regelt weder den Ausschluss der mietrechtlichen und allgemeinen Leistungsstörungsrechte noch trifft es eine Aussage über die Risikoverteilung zwischen den Parteien von Mietverträgen. Um die in der Praxis teilweise bestehende Unsicherheiten zu beseitigen und die Verhandlungsposition der Gewerbemieter zu stärken hat der Gesetzgeber nunmehr klargestellt, dass § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) grundsätzlich Anwendung findet, um damit an die Verhandlungsbereitschaft der Vertragsparteien zu appellieren (vgl. BT-Drs. 19/25322, S. 14). Die Vermutung des § 7 in Art. 240 EGBGB, dass die Grundlage des Vertrages schwerwiegend verändert ist, wenn die Miet- oder Pachträume infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters oder Pächters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind, sieht der Gesetzgeber in einer Schließungsverfügung oder eine staatliche Vorgabe an, die Anzahl der Personen, die sich auf einer bestimmten Fläche aufhalten dürfen, zu beschränken (ebenda, S.20), wie dies Gastronomiebetreiber seit Mitte März des Jahres erdulden mussten.